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Die mächtige Saturn V Rakete mit Apollo 11 an der Spitze rollt zu ihrem Startplatz (© NASA)
Die Mondlandung von Apollo 11 hat in beeindruckender Weise gezeigt, wozu die Menschheit in der Lage ist. Vorausgesetzt alle Experten ziehen an einem Strang. Was wir von diesem Wagnis lernen können – und was lieber nicht.
Am 21. Juli 1969 betrat der Astronaut Neil Armstrong als erster Mensch den Mond und sagte die berühmten Worte: „That’s one small step for [a] man, one giant leap for mankind!“ Dabei unterschlug er in seiner Aufregung doch glatt einen unbestimmten Artikel, was die circa 600 Millionen Fernsehzuschauer der Live-Übertragung allerdings wohlwollend überhörten. Mit dem Berühren der Mondoberfläche beendete Armstrong zugleich das Wettrennen um den Mond, welches sich die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion im Kalten Krieg leisteten.
Dass ausgerechnet die Amerikaner den Wettlauf für sich gewannen, war am Anfang nicht abzusehen. Die Sowjets hatten eine Vielzahl von Pionierleistungen in der Raumfahrt vollbracht. So gehen unter anderem der erste Satellit, der erste Hund, der erste Mensch, die erste Frau (!) sowie der erste Weltraumsparziergang im All auf das Konto der Russen. In der Geschichtsschreibung treten diese Ereignisse allerdings in den Hintergrund. In Büchern und TV-Dokus zum Thema „Raumfahrt“ dominieren Bilder von perfekt in Szene gesetzten Saturn V-Raketen, lächelnden Astronauten mit NASA-Logo oder die golden gläzende Mondlandfähre auf dem Mond.
Ein Grund für dieses verzerrte Geschichtsbild ist in der damaligen politischen Rivalität beider Länder zu finden. Während die Sowjetunion die Aktivitäten ihres Raumfahrtprogramms streng geheim hielt, verstand es die NASA von Beginn an eine Marketingmaschinerie rund um die Weltraumforschung zu schaffen. Dies war auch bitter nötig, denn der erste sowjetische Satellit Sputnik versetzte das amerikanische Volk in Panik. Obwohl der Satellit nicht mehr konnte als ein Beep-Geräusch auszusenden, bewies er doch eines: Die russischen Interkontinentalraketen waren jenen der USA deutlich überlegen. Eine Schmach für die US-Regierung, welche stets behauptete, mit dem Kapitalismus ein der Sowjetunion überlegenes Wirtschaftssystem zu besitzen.
Als Präsident John F. Kennedy 1962 in der Rice University in Houston, Texas, seine berühmte Rede hielt, existierte in den USA noch die Rassentrennung. Diese diskriminierte Afroamerikaner im öffentlichen Raum. Hiervon waren in besonderer Weise schwarze Mathematikerinnen, welche für die NASA, aber auch schon für die Vorgängerorganisation, das National Advisory Committee for Aeronautics (NACA), arbeiteten, betroffen. Sie wurden in Büros untergebracht, welche von den weißen Angestellten separiert waren.
„We choose to go to the Moon in this decade and do the other things, not because they are easy, but because they are hard; because that goal will serve to organize and measure the best of our energies and skills, because that challenge is one that we are willing to accept, one we are unwilling to postpone, and one we intend to win, and the others, too.“ Aus einer Rede von Präsident John F. Kennedy am 12.09.1962
Trotz dieser Widrigkeiten gelang es einer Mathematikerin afroamerikanischer Abstimmung, Katherine Johnson, in eine Abteilung zu gelangen, die bis dahin ausschließlich weißen Männern vorbehalten war. Ihre Kenntnisse in analytischer Geometrie machten sie innerhalb kürzester Zeit unentbehrlich im Bereich der „Flugforschung“. Im Jahr 2015 wurden ihre Leistungen für das Mercury- und Apollo-Programm mit der Presidential Medal of Freedom ausgezeichnet.
Auch wenn sie und ihre Kolleginnen das Glück hatten, dass die NASA die Regeln zur Rassentrennung außer Kraft setzte, um die Sowjets mit vereinten Kräften zu schlagen, darf eines nicht vergessen werden: Die Rassentrennung wurde in den USA formell erst 1964 mit dem Civil Rights Act abgeschafft – und damit erst fünf Jahre vor der Landung zweier Menschen auf dem Mond!
Es gehört zur Ironie der Geschichte, dass die US-Regierung mit der NASA einer einzigen Behörde die Planung und Durchführung des zivilen Raumfahrtprogramms übertrug. Bei diesem zentralistischen, fast schon planwirtschaftlich anmutenden Ansatz wurden einzelene Komponenten ausgeschrieben und per Auftrag an Firmen vergeben. Am Bau der amerikanischen Mondrakete Saturn V waren deshalb vom Rumpf bis zur Spitze folgende Firmen beteiligt:
Anders als die USA leistete sich die Sowjetunion den Luxus mehrerer Konstruktionsbüros, welche teilweise gemeinsam, aber auch häufig in Konkurrenz zueinander parallel an an Raketenprojekten arbeiteten. Der Umstand des ineffizienten Ressourceneinsatzes sowie der Tod des Chefkonstrukteurs Sergei Koroljow nach einer Operation führten dazu, dass die Sowjetunion beim Wettlauf zum Mond ins Hintertreffen geriet.
Die gigantische Mondrakete N1, welche Koroljow mit seinem Team bauen ließ, geriet zum Desaster. Noch zu Lebzeiten hatte Koroljow sich mit dem russischen Triebwerksspezialisten Walentin Gluschko zerstritten. In der Folge arbeite Gluschko mit dem konkurrierenden Konstruktionsbüro von Wladimir Tschelomei zusammen. Koroljow gab sich allerdings nicht geschlagen und beauftragte Nikolai Kusnezow mit dem Bau von Triebwerken. Kusnezow war zwar ein Spezialist für Luftstrahltriebwerke und Propellerturbinen, hatte aber wenig Erfahrung mit Raketentriebwerken.
Die bei der N1 eingesetzten Triebwerke des Typs NK-15 hatten denn auch einen großen Nachtteil, sie entwickelten nur eine geringe Schubleistung. Koroljow sah sich deshalb gezwungen am Rumpf der Rakete 24 Triebwerke am äußeren Ring anbringen zu lassen. Zum Vergleich: Die Saturn V kam am Rumpf mit 5 Triebwerken des Typs F1 aus – vier schwenkbare am Rand, ein festes in der Mitte. Nach dem Tod Koroljows fügte sein Nachfolger Wassili Mischin der Rakete sogar noch sechs weitere Triebwerke im inneren Ring hinzu.
Diese Triebswerksprofil stellte sich zusammen mit den dafür nötigen Treibstoff- und Kontrollsystemen als komplex heraus. Von vier Testflügen war kein einziger erfolgreich. Zu einem fünften Testflug kam es zum Bedauern vieler an der N1 mitarbeitenden Ingenieuren leider nicht mehr. Aus ihrer Sicht wäre der fünfte Versuch recht aussichtsreich gewesen. Doch auch wenn er von Erfolg gekrönt gewesen wäre, hätte dieser Test das Ergebnis vom Wettlauf zum Mond nicht mehr geändert. Der Klassenfeind hatte kurz nach dem zweiten Start der N1 den Mond betreten und den Wettlauf damit für sich entschieden.
Mit Apollo 11 hat die Menschheit bewiesen, wozu sie im Stande ist. Es stellt sich allerdings 50 Jahre nach der Mondladung die Frage, ob der 21. Juli 1969 glorifiziert werden sollte. Der Apollo-8-Astronaut William „Bill“ Anders formulierte einmal sehr treffend: „Wir flogen hin, um den Mond zu entdecken. Aber was wir wirklich entdeckt haben, ist die Erde.“ Und wie es scheint, würde ihm viele Astronauten und Kosmonauten beipflichten (mehr dazu im Beitrag „Weltuntergang statt Erdaufgang“).
Die wahren Herausforderungen warten eben auf der Erde. Der Klimawandel lässt sich nicht mehr leugnen und es stellt sich unweigerlich die Frage, warum es bei diesem Thema nicht möglich ist, alle Experten an einen Tisch zu bekommen. Dies wäre deutlich wichtiger als erneut den Mond oder den Mars anzufliegen.
#NASA #Raumfahrt #Weltall #Weltraum
5. Oktober 2019
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